Die wirtschaftliche Entwicklung vom Ressourcenverbrauch entkoppeln
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
in diesem Jahr fand sich unter den Einsendungen eine Reihe von Beiträgen, die sich mit dem Thema „Rohstoffe“ auseinandersetzen. Dazu zählen auch zwei der insgesamt vier Beiträge, die wir in diesem Jahr mit dem Herbert Quandt Medien-Preis auszeichnen. Beide beschäftigen sich mit der Knappheit von Ressourcen und ihren wirtschaftlichen Folgen. Da ist zunächst die Ressource Wasser, die in vielen Regionen der Erde schon immer ein kostbares und damit auch umkämpftes Gut gewesen ist. Das Wachstum der Weltbevölkerung, der Klimawandel, Wasserverschwendung und -verschmutzung tragen dazu bei, dass dieses natürliche Gut immer knapper wird. Und diese Knappheit weckt das Interesse von großen Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie.
Erstens: Beide Projekte erfordern weitreichende „Infrastruktur“-Maßnahmen. Im Fall der Energiewende muss das gesamte deutsche Leitungsnetz für eine dezentrale Energieversorgung massiv um- und ausgebaut werden – inklusive der Integration von geeigneten Speicher- und Steuerungstechnologien, deren Erforschung und Entwicklung sich erst im Frühstadium befindet. All dies hat signifikante Auswirkungen auf die europäische Versorgungsinfrastruktur und deren Schnittstellen. Ein ähnliches Bild ergibt sich im Zusammenhang mit der Euro-Krise. Sie erfordert den Bau einer neuen Finanzarchitektur und die Neujustierung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern der Währungsunion und der Zentrale in Brüssel.
Die zweite Parallele: Ob der Um- und Ausbau der jeweiligen „Infrastruktur“ gelingen wird, ist derzeit noch völlig offen. Fest steht jedoch: Ohne entsprechende Maßnahmen werden beide Projekte Provisorien bleiben. Provisorien, die bedrohlich ins Wanken geraten sind und deren Einsturz unabsehbare Folgen haben würde.
Und drittens: Beide „Gesellschaftsprojekte“ sind unbestreitbar in eine kritische Phase eingetreten. Wenn jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt werden, stehen beide vor dem Aus. Und schon heute ist sicher, dass auch ihre erfolgreiche Weiterführung mit großen Belastungen verbunden sein wird.
Ein weiterer Beitrag, den wir ausgezeichnet haben, handelt von Lithium. Diesem Leichtmetall kommt eine Schlüsselrolle bei der Fertigung von Energiespeichern zu – Sie haben alle schon vom Lithium-Ionen-Akku gehört, aber vielleicht nicht von all seinen denkbaren Ausprägungen wie dem Lithium-Eisensulfid-, Lithium-Luft- und Lithium-Polymer-Akku, um nur einige zu nennen. 50 Prozent der Lithiumvorkommen befinden sich in einem riesigen Salzsee in Bolivien, das dadurch in den Fokus geostrategischer Interessen rückt. Nun wittert die Regierung des Landes eine einmalige Chance für Entwicklung und Wohlstand.
Aber Rohstoffreichtum hat auch Schattenseiten. Das hat uns im vergangenen Jahr die Reportage von Frank Piasecki Poulsen vor Augen geführt. Mit „Blood in the Mobile“ dokumentierte er die katastrophalen Bedingungen, unter denen im Kongo Coltanerz abgebaut wird – ein Mineral, ohne das Handys, Hörgeräte oder Herzschrittmacher undenkbar wären.
All diese Beiträge stehen für einen unverkennbaren Trend: Von den Medien und Konsumenten wird heute nicht mehr nur das Endprodukt kritisch begutachtet. Auch der Produktionsprozess entscheidet über den Kauf. Ethischer Konsum gewinnt an Bedeutung. Immer mehr Kunden wollen wissen, was unter der glänzenden Oberfläche ihrer Hightechprodukte steckt: Sie fragen gezielt nach der Herkunft der Rohstoffe, den Förderund Produktionsbedingungen, den Lieferketten und damit nach dem „wahren Preis“ eines Produkts.
Das zeigt: Das Management von Ressourcen und Reputation stellt Unternehmen heute vor große Herausforderungen. Die Moralisierung von Märkten scheint unaufhaltsam: Viele Produkte tragen heute Ökosiegel. Im Marketing sind Begriffe wie Ökobilanz, Ressourceneffizienz oder Nachhaltigkeit nicht mehr wegzudenken. In den Unternehmen ist die Einsicht gewachsen, dass es fahrlässig wäre, in der wachsenden moralischen Aufmerksamkeit ihrer Kunden nur eine vorübergehende Modeerscheinung zu sehen.
Aber nicht nur deshalb hat in den meisten Unternehmen ein strategisches „Going-green“ längst das rein PR-getriebene „Greenwashing“ abgelöst. Effizienz im Umgang mit Ressourcen ist für Unternehmen viel mehr als nur die Reaktion auf eine soziale Bewegung. Heute reagieren Unternehmen aus handfesten ökonomischen Gründen darauf, dass die natürlichen Ressourcen knapp werden. Ressourceneffizienz hat sich vom Umwelt- und „Fair-Trade“-Thema zum Treiber für Prozessinnovationen und Wertschöpfung entwickelt.
Die unternehmerische Handlungsmaxime, die sich aus der Ressourcenknappheit ergibt, hat Stephan Jansen, Gründungspräsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, auf den Punkt gebracht: „Entwickle Technologien, die die Nutzbarkeit von Ressourcen stärker steigern, als das Wachstum sie verbraucht.“
Dass uns dies auf globaler Ebene bei Weitem noch nicht gelingt, versucht der sogenannte „Earth Overshoot Day“ zu verdeutlichen. Hierbei handelt es sich um denjenigen Kalendertag im Jahr, an dem der Verbrauch der natürlichen Ressourcen durch die Menschheit die Kapazitäten des Ökosystems Erde zur Produktion dieser Ressourcen überschreitet. Das letzte Jahr, in dem die Menschheit den von der Natur benötigten Regenerierungszyklus eingehalten hat, war das Jahr 1987. Mit der Zunahme der Weltbevölkerung und dem globalen Siegeszug konsumorientierter Lebensstile ist der „Welterschöpfungstag“ seither im Kalenderjahr immer weiter nach vorn gerückt. 1995 auf den 21. November und 2007 auf den 6. Oktober. Im vergangenen Jahr, 25 Jahre nach seiner Einführung, fiel der „Earth Overshoot Day“ auf den 23. August!
Diese Entwicklung macht eines besonders deutlich: Die Zeiten von billigen und im Überfluss verfügbaren Rohstoffen sind vorbei. Und zwar dauerhaft.
Die gute Nachricht ist: Der effiziente Umgang mit knappen Ressourcen war in Deutschland schon immer ein Leitsatz für erfolgreiches Wirtschaften. Deutsche Unternehmen haben in den vergangenen 20 Jahren erhebliche Fortschritte im effizienten Einsatz wertvoller Rohstoffe erzielt.
Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Denn es ist unbestritten, dass die Ressourceneffizienz bei Investitions- und Kostenrechnungen eine immer wichtigere Rolle spielen wird. Horst Wildemann, Professor für Unternehmensführung an der TU München, hat diesen Ansatz in der „ZEIT“ klar formuliert: „Natürliche Ressourcen werden weltweit so teuer, dass Erfolg nur der haben wird, der ökologisch wirtschaftet – denn nur der wirtschaftet effizient.“
Worauf läuft dies hinaus? Es geht darum, die wirtschaftliche Entwicklung dauerhaft vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln.
In der Wirtschaftsgeschichte gibt es viele Beispiele dafür, dass Rohstoffe, als sie knapp zu werden drohten, erfolgreich substituiert worden sind. Ein gern zitiertes Beispiel: 1854 gelang es erstmals, aus Erdöl das damals so bezeichnete Petroleum zu raffinieren. Dieses löste Waltran als Hauptbrennstoff für Öllampen ab und führte zu einem enormen Boom in der Erdölförderung.
Solche Substitutionen haben nicht selten einen großen wirtschaftlichen und damit auch gesellschaftlichen Entwicklungsschub nach sich gezogen. Und doch ist diese Entwicklung natürlich wieder durch den gesteigerten Verbrauch anderer Ressourcen „erkauft“ worden.
Umso wichtiger ist, dass wir begrenzte Ressourcen und knappe Güter bereits in der Gegenwart als das zu begreifen lernen, was sie sind: die eigentlichen Entwicklungs- und Innovationstreiber unserer Gesellschaft.
Man könnte sagen, dass der deutsche Mittelstand mit seinen vielen „hidden champions“ diese Erkenntnis mehr als beherzigt hat: Schließlich ist der Faktor „Effizienz“ in den vergangenen Jahrzehnten zum eigentlichen Markenkern der Erfolgsstory von „Made in Germany“ geworden. Maschinen aus Deutschland sind weltweit aufgrund ihres hohen Effizienzgrades und ihres geringen Ressourcenverbrauchs gefragt. Und auch der Bereich Recyclingtechnologie ist eine Stärke Deutschlands und stellt ein wachsendes Segment im Außenhandel dar.
Wir tun gut daran, weiter auf diese Themen zu bauen und uns für entsprechende Projekte zu begeistern.
Und doch: Bei aller Begeisterung, die die Möglichkeiten der Effizienzsteigerung und des „Going-green“ wecken, bei allen Gedankenspielen über das Machbare und Mögliche müssen wir ebenso das derzeitige Geschehen im Blick behalten.
Und dieses wird maßgeblich von der Tatsache geprägt, dass die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich wie kaum eine zweite vom Import von Rohstoffen abhängig ist. Hinzu kommt, dass die Zahl derjenigen Rohstoffe, die mit Blick auf den Umfang ihrer Verfügbarkeit als kritisch zu bewerten sind, drastisch zugenommen hat – hierzu werden irgendwann wohl auch die fossilen Energieträger gehören.
Wir müssen dabei zuallererst der Tatsache ins Auge sehen, dass diese Rohstoffe noch viel knapper werden können und sich an ihnen immer häufiger Auseinandersetzungen und Konflikte entzünden werden. In diesem Zusammenhang warnen politische Analysten bereits vor einem neuen „Rohstoffimperialismus“.
Diese Gefahr lässt sich nicht von der Hand weisen. Vor allem China hat die Bedeutung der Rohstoffe für die Weltwirtschaft, aber auch für die eigene Versorgung klar erkannt – und handelt danach:
Über den Staatsfonds China Investment Corporation (CIC) – in dem das Land seine gewaltigen Devisenreserven hortet – sichert sich China wichtige Rohstoffquellen in Asien, aber auch in Afrika.
Staatliche Investoren aus China engagieren sich aus strategischen Erwägungen auch bei großen Rohstoffkonzernen – so ist der chinesische Staat über sein Investmentvehikel „Fullbloom Investment“ mit knapp 18 Prozent am drittgrößten Rohstoffkonzern der Welt, der kanadischen Teck Resources, beteiligt. China baut zudem eine strategische Reserve Seltener Erden auf – angeblich mit dem Ziel, einer möglichen Knappheit vorzubeugen. Kritiker sehen hierin dagegen eine staatliche Intervention mit dem Ziel, den Weltmarkt für Seltene Erden weiter zu monopolisieren: Bereits über 90 Prozent der Weltproduktion Seltener Erden liegen in den Händen Chinas.
Sollte die entsprechende Machbarkeitsstudie 2014 positiv ausgehen, wird ein chinesisches Konsortium den Nicaraguakanal bauen, der als Konkurrenz zum Panamakanal die Handelswege der Welt verändern wird. Das gleiche Konsortium würde in diesem Fall als 49-prozentiger Eigentümer des Kanals und einziger Partner des Staates Nicaragua eine strategisch wichtige Handelsroute im Hinterhof der USA mit kontrollieren.
Die deutsche Politik versucht, diesem Szenario mit einer umsichtigen „Rohstoffdiplomatie“ zu begegnen, die aufseiten der Wirtschaft viel Unterstützung findet. In den vergangenen Jahren sind mehrere internationale Kooperationen und Rohstoffpartnerschaften vereinbart worden, mit Ländern wie Kasachstan, Chile oder der Mongolei. Derzeit laufen die Verhandlungen über eine weitere Rohstoffpartnerschaft mit Peru.
Ungeachtet dieser Entwicklungen scheinen viele deutsche Unternehmen – vor allem im Mittelstand – ihre eigenen Versorgungsrisiken im Rohstoffbereich noch relativ gelassen zu sehen – vielleicht zu gelassen? Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, hat jüngst konstatiert: „Weil es … bisher kaum Versorgungsengpässe oder gar komplette Ausfälle gegeben hat, droht das Thema allzu leicht aus dem Blickfeld zu geraten.“
Und er fährt fort:
„Fast bis zu 30 Prozent der Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzenden wissen gar nicht so genau, welche Rohstoffe in der eigenen Produktion gebraucht werden oder in den Vorprodukten stecken.“
Das hängt natürlich damit zusammen, dass die deutsche Industrie ihre Rohstoffe weniger direkt einkauft, sondern überwiegend indirekt über die Vorprodukte ihrer Lieferanten. Umso wichtiger scheint es mir, dass diese versteckten Versorgungsrisiken eine feste Größe im unternehmerischen Risikomanagement werden.
Ebenfalls unverzichtbar erscheint mir, dass Unternehmen aus rohstoffintensiven Industrien ihre Einkaufsstrategien aufeinander abstimmen und sich aktiv für die Sicherung des Zugangs zu kritischen Rohstoffen engagieren – und so strategische Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit wieder wettmachen. Denn noch bis in die 1990er-Jahre hinein gab es in Deutschland mit der Preussag oder der Metallgesellschaft Unternehmen, die weltweit an der Exploration und Verarbeitung von Rohstoffen beteiligt waren. Der Zugang zu wichtigen Rohstoffquellen, der über diese Unternehmen gleichsam gewährleistet war, ging mit deren Verkauf oder Umstrukturierung allerdings verloren. Heute gibt es seitens der Wirtschaft Bestrebungen, die dadurch gerissenen Lücken wieder zu schließen: sei es durch die Gründung der „Rohstoffallianz“ im vergangenen Jahr durch mehrere große deutsche Unternehmen wie Bayer, BASF, Bosch und BMW, durch den Aufbau neuer Abteilungen für Rohstoffwirtschaft, z. B. bei Daimler und VW, oder durch die Gründung der in Heidelberg ansässigen Deutschen Rohstoff AG.
Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen am Ende in der Summe ausreichen werden – angesichts der Tatsache, dass die Weltmärkte für Rohstoffe eng mit staatlichen Strukturen verbunden sind und die Wettbewerbsverzerrungen hierdurch immer größer werden.
Bezeichnend hierfür ist die latente Sorge vieler deutscher Unternehmer, gegenüber der internationalen Konkurrenz ins Hintertreffen zu geraten.
Denn im Kern geht es um die viel weitreichendere Frage, ob die Interessen und Entwicklungsstrategien unterschiedlicher ökonomischer Modelle langfristig miteinander in Einklang gebracht werden können. Oder anders formuliert: um die Frage, ob Marktwirtschaften westlicher Prägung, die auf den freien Handel, Kooperationen und das Wettbewerbsprinzip setzen, gegenüber „staatskapitalistischen“ Ländern, die ihre Interessen nach außen auch mit ganz anderen Mitteln vertreten, nicht unweigerlich ins Hintertreffen geraten müssen.
Sich auf Biegen und Brechen auf ein Wettrennen um die letzten weißen Flecken auf der Rohstoffweltkarte einzulassen, wäre freilich fatal. Die richtige Antwort auf diese Herausforderung kann nur darin bestehen, dass sich Wirtschaft und Politik noch stärker als bisher für die Beseitigung von Handelsschranken und Wettbewerbsverzerrungen einsetzen. Und darin, dass vor allem die europäischen Länder ihre Positionen in Sachen Rohstoffe und Energie besser koordinieren.
Auch in dieser europäischen Diskussion muss Deutschland im Sinne der Standortsicherung und des Erhalts der eigenen Wettbewerbsfähigkeit aktiv Position beziehen. Und dazu muss gerade hierzulande das Verständnis für die eigene Rolle im internationalen Gefüge weiter geschult und geschärft werden. Ich bin überzeugt davon, dass eine offene und unvoreingenommene Diskussion über geopolitische Themen hierfür eine wichtige Grundlage bildet. Doch eine solche ist in Deutschland alles andere als leicht zu führen!
Wer trotz der weltweit zunehmenden Diskrepanzen weiter auf funktionierende Märkte und fairen Wettbewerb pocht, wird schnell belächelt. Wer hingegen mit Blick auf die realen Gegebenheiten einen anderen Ton anschlägt und laut über den Schutz deutscher Interessen im Ausland nachdenkt, sieht sich ebenso schnell mit scharfer Kritik konfrontiert.
Erinnern wir uns: In einem Interview im Mai 2010 hatte der damalige Bundespräsident Horst Köhler Überlegungen zu der Notwendigkeit der militärischen Absicherung von Handelswegen angestellt – gedacht als Impuls für eine sachliche Diskussion über Rohstoffe, ihre Lieferketten und deren Bedeutung für die deutsche und europäische Wirtschaft. Aber dazu kam es erst gar nicht. Vielmehr geriet der Bundespräsident für seine Äußerungen innerhalb von wenigen Tagen massiv in die Kritik und ins politische Abseits – mit den uns bekannten Folgen.
Meine Damen und Herren,
diese typisch deutsche Reaktion ist sicherlich und mit guten Argumenten historisch begründbar. Und doch darf dies nicht dazu führen, dass vitale Interessen des Wirtschaftsstandortes Deutschland negiert oder fallen gelassen werden. Wir müssen unliebsame Realitäten in den Blick nehmen: Realitäten, die offensichtlich nicht zu unserem politischen Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung passen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass rohstoffrelevante Entscheidungen, die rund um den Globus getroffen werden, für unsere Wirtschaft und damit für unser ganzes Land unweigerlich Konsequenzen haben werden. Stichwort „Fracking“: Ob wir den US-amerikanischen Weg des massiven Einsatzes dieser Technologie gutheißen oder nicht – fest steht schon jetzt, dass das Streben der USA nach Energieautarkie die globalen Ressourcenströme deutlich verändern wird.
Und ob wir die Tatsache, dass chinesische Staatskonzerne oder große US-amerikanische Agrarfonds in vielen Ländern rund um den Globus Ländereien aufkaufen, als Chance für die Entwicklung dieser Länder werten oder als „Landgrabbing“ verurteilen: Fest steht, dass diese und viele weitere Entwicklungen Konsequenzen nach sich ziehen werden, mit denen sich unser Land früher oder später auseinandersetzen muss.
Die große Abhängigkeit unserer Industrie von Ressourcen, die nicht in unseren Händen liegen, macht eine kluge, umsichtige und an geostrategischen Interessen ausgerichtete Rohstoffpolitik unverzichtbar.
Die Bundesregierung hat im Oktober 2010 ihre Rohstoffstrategie beschlossen und mit der Deutschen Rohstoffagentur ein erstes rohstoffwirtschaftliches Kompetenzzentrum geschaffen. Das ist ein richtiger Schritt, dem aber weitere folgen müssen. Russland und andere Länder der „neuen Welt“ verfügen über eigene Rohstoffministerien. Ich halte es für dringend erforderlich, dass auch bei uns in Deutschland die Kompetenz der staatlichen Stellen, die sich mit dem Thema Rohstoffe und Versorgungssicherheit beschäftigen, erweitert und gestärkt wird.
Gleiches gilt für die EU. Mancher mag entgegnen, dass man sich in Anbetracht der derzeitigen großen Probleme in der EU nicht auch noch um diese Problematik kümmern kann. Ich meine, gerade weil die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Europas in vielen anderen Bereichen infrage gestellt ist, gilt es, nicht auch noch im Bereich der strategischen Rohstoffversorgung zurückzufallen. Das Thema gehört vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Situation auf den internationalen Rohstoffmärkten ganz oben auf die politische Tagesordnung – in Deutschland und in Europa.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich nun aber zum wichtigsten Punkt unserer heutigen Tagesordnung kommen, der Verleihung des Herbert Quandt Medien-Preises 2013. Wie erwähnt haben sich zwei der heute ausgezeichneten Beiträge mit der eben besprochenen Frage befasst, in welcher Weise die begrenzten Ressourcen die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt beeinflussen. Ein anderer prämierter Beitrag erklärt ein neues Finanzierungsinstrument, das in der frühen Phase einer Geschäftsidee ein Substitut für Seedcapital sein kann. Weiterhin wird eine Reportagereihe ausgezeichnet, die die Bürger einer Stadt über die geplante Ansiedlung eines Einkaufszentrums und deren potenzielle Auswirkungen auf die regionalen Käuferströme informiert.
Alle Beiträge nehmen auf ihre Weise eine der zentralen Aufgaben der Medien ernst, nämlich neue Realitäten in den Blick zu nehmen und die Öffentlichkeit frühzeitig über Kräfteverschiebungen zu informieren. Solch verantwortungsvoller Journalismus ist ein öffentliches Gut, das in jeder Gesellschaft nicht nur seinen Platz, sondern vor allem seinen Wert hat. Denn er versetzt die Bürger in die Lage, sich ihr eigenes Urteil zu Entwicklungen zu bilden, die die Gesellschaft als Ganzes und damit letztendlich auch das Leben jedes Einzelnen beeinflussen. Sie, lieber Herr Casdorff, werden sich in Ihrer Laudatio mit diesem Thema noch etwas eingehender befassen. Ich darf Sie hierfür nun auf die Bühne bitten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!